Heine: "Ich halte die Grundverschlüsselung für durchaus sinnvoll"
[vo] Leipzig - Über die zukünftige DVB-T-Verbreitung in Sachsen-Anhalt sprach DIGITAL FERNSEHEN mit dem Direktor der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA), Martin Heine.
"Eine Grundverschlüsselung scheint speziell in Deutschland ein Tabu zu sein", findet Heine. "Ich halte die Grundverschlüsselung für durchaus sinnvoll. Zum einen natürlich aus Gründen des Urheberrechts, zum anderen aber auch, weil den Sendern mittelfristig neue Finanzierungsmodelle eröffnet werden sollten". Es bleibe dann dem Zuschauer die Entscheidung überlassen, ob er für das Programm zahlen wolle, sagt der Direktor der MSA.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Heine, die Medienanstalten Sachsen (SLM) und Sachsen-Anhalt (MSA) haben kürzlich einen Multiplex für die Verbreitung von DVB-T-Programmen ausgeschrieben. Unseren Informationen zufolge hat die RTL-Gruppe an einer Verbreitung über DVB-T in Mitteldeutschland Interesse. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die DVB-T-Ausstrahlung der RTL-Gruppe über MPEG4 und einer Grundverschlüsselung der verbreiteten Programme?
Martin Heine: Das Ziel der Digitalisierung der terrestrischen Rundfunkverbreitung, nämlich Frequenzökonomie, d.h. in einem UHF-Kanal anstelle von einem mehr Programme zu verbreiten, bedingt zwangsläufig neue Komprimierungsverfahren und sich weiter entwickelnde Standards. Von daher ist der Schritt zu MPEG4 nur konsequent.
Eine Grundverschlüsselung scheint speziell in Deutschland ein Tabu zu sein. Ich halte die Grundverschlüsselung für durchaus sinnvoll. Zum einen natürlich aus Gründen des Urheberrechts, zum anderen aber auch, weil den Sendern mittelfristig neue Finanzierungsmodelle eröffnet werden sollten. Es bleibt dann doch dem Zuschauer die Entscheidung, ob er für das Programm zahlen möchte.
DF: Nach unseren Informationen zeichnet sich ab, dass RTL der einzige Bewerber für diesen Multiplex ist. Sollte die RTL-Ankündigung, die über DVB-T in MPEG4 abgestrahlten Programme zu verschlüsseln (Conax), in die Entscheidung der Landesmedienanstalt über die Zuweisung des Multiplex einfließen?
Heine: Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu dem noch laufenden Ausschreibungsverfahren der MSA nicht äußere. Allerdings kann dem Ausschreibungstext entnommen werden, dass die wesentlichen technischen Übertragungsparameter bei der Antragstellung mitgeteilt werden sollen und somit auch für eine etwaige Vergabeentscheidung von Interesse sind.
DF: Die Entscheidung der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) Baden-Württemberg, ihre bisherige Position einer Free-to-air-Verbreitung in Richtung einer Grundverschlüsselung aufzugeben, stellt nicht nur einen Paradigmenwechsel dar, sondern stellt auch die Landesmedienanstalten vor die gleiche Entscheidung bezüglich der Zuweisung des ausgeschriebenen Multiplex. Gibt es diesbezüglich schon eine Positionierung innerhalb der Medienanstalt?
Heine: Da das Mediengesetz des Landes Sachsen-Anhalt keine Vorgaben zur Free-to-air-Verbreitung bzw. Verschlüsselung macht, würde diese Frage erst bei einer etwaigen Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern in die Abwägung der Versammlung mit einfließen.
DF: Nachdem eine Landesmedienanstalt die MPEG4-Kompression sanktioniert hat, ist es für Sie denkbar, dass die bereits in Sachsen-Anhalt on-air befindlichen öffentlich-rechtlichen DVB-T-Programme auch auf MPEG4 umgestellt werden? Was spricht dafür, was spricht dagegen? Wird dabei eine Grundverschlüsselung zu umgehen sein?
Heine: Ich bitte um Verständnis, dass ich den Kollegen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hier keine Ratschläge zu geben habe.
DF: Vor zwei Jahren versuchte der Satellitenbetreiber SES Astra mit der Plattform Entavio eine Grundverschlüsselung der über Satellit verbreiten Programme zu etablieren. Nunmehr vermarktet der Satellitenbetreiber Eutelsat die in Conax verschlüsselten und über DVB-T-verbreiteten Programme der RTL-Gruppe. Sehen Sie zwischen beiden Modellen einen Unterschied? Worin liegt dieser?
Heine: Der Grundgedanke ist gleich: Urheberrechte und neues Geschäftmodell. Wesentliche Unterschiede sind natürlich die Reichweiten von Satelliten- und DVB-T-Verbreitung. Eine Rundfunk-Revolution würde die Verschlüsselung einzelner DVB-T-Multiplexe nicht bedeuten.
DF: Stellt die Entscheidung der LfK, die Verbreitung von verschlüsselten Programmen über DVB-T zuzulassen, nicht den Einstieg in die generelle Grundverschlüsselung der TV-Programme dar?
Heine: Die Grundverschlüsselung wird sich nur durchsetzen, wenn die Bürgerinnen und Bürger dieses System akzeptieren und vom Zuschauer zum Kunden werden. Allerdings spricht die gegenwärtige Kundensituation bei "Premiere" zu den bisherigen Geschäftmodellen eine klare Sprache.
DF: Herr Heine, vielen Dank für das Gespräch.
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Quelle: http://www.digitalfernsehen.de vom 3.3.09
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